in der pädagogischen Arbeit
„Habe ich nicht damals gelernt, wovon ich heute lebe, und habe ich nicht so viel und schnell gelernt, dass ich im ganzen übrigen Leben nicht ein Hundertstel dazugelernt habe? Vom fünfjährigen Kind bis zu mir ist nur ein Schritt. Aber zwischen einem Neugeborenen und einem fünfjährigen Kind liegt eine ungeheure Entfernung“
-Leo Tolstoi
Die Entwicklung von Kleinstkindern verläuft in den ersten Lebensjahren rasant und dabei sehr individuell. Kinder sind verschieden und werden von mir in ihrer Verschiedenheit von Beginn an akzeptiert und wertgeschätzt. Folglich gebe ich jedem Kind die Zeit, sich in seinem individuellen Tempo zu entwickeln und erlernte Fähigkeiten immer wieder zu erproben. Dazu benötigen die Kinder Vertrauen, Liebe, Sicherheit, Anerkennung und Geborgenheit in einer positiven und ermutigenden Umgebung:
Ich nehme die Kinder ernst, sowohl in ihren verbalen, als auch in ihren non-verbalen Äußerungen und gebe ihnen so ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Ich bin jederzeit aufmerksam, authentisch und ansprechbar für die Kinder und zeige Anerkennung für ihr Tun. Ich schenke den Kindern Vertrauen, ermutige sie in ihren eigenen Fähigkeiten und lasse sie Selbstwirksamkeit erfahren.
In der Kleingruppe sollen die Kinder lernen achtsam und wertschätzend miteinander umzugehen, Hilfe von anderen anzunehmen und auch anzubieten. Eine große Herausforderung stellt zu Beginn für viele Kinder dar, ihre eigenen inneren Bedürfnisse mit denen der Umgebung, also mit denen der anderen Kinder abzugleichen. Durch Reaktionen, die sie von anderen bekommen, lernen sie soziale Verhaltensregeln. Was ist sozial erwünscht und was kommt nicht so gut an? Herausstechende Verhaltensweisen (z.B. hauen, beißen…) regulieren sich innerhalb der Kindergruppe oftmals von selbst.
Mir ist es wichtig, die Kinder emotional zu stärken und widerstandsfähig (resilient) gegen äußere Belastungen zu machen. Dazu gehört, dass die Kinder die Möglichkeit erhalten, kleine Konflikte selbst zu lösen und eigene Problemlösestrategien zu entwickeln, ohne direktes Eingreifen durch mich. Ich beobachte diese Situationen, bin durch Blickkontakt mit den Kindern verbunden, gebe aber allenfalls Impulse oder kleine Hilfestellungen.
„Haltet eurem Zögling keine Reden: Er darf nur aus der Erfahrung lernen.“
-Jean-Jaques Rousseau
Das Gehirn eines Kindes ist bei der Geburt noch nicht fertig entwickelt. Es fehlen noch viele Verbindungen zwischen den einzelnen Nervenzellen und Synapsen. Hirnforscher haben in den letzten Jahren herausgefunden, dass das menschliche Gehirn im Wesentlichen durch Erfahrungen strukturiert wird. Das heißt, immer wenn ein Kind etwas Neues erlebt, entstehen im Gehirn neue Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen. Stabilisiert und erhalten bleiben diejenigen, die auch wirklich benutzt und gebraucht werden. Die Lust, immer wieder Neues zu entdecken, bringen Kinder mit auf die Welt. Die besten Anregungen für noch zu knüpfende bzw. zu stabilisierende Verschaltungen im Gehirn sind diejenigen, die das Kind von innen, also aus sich selbst heraus entwickelt. Diese Suche nach Neuem, die vom Kind selbst in Gang gesetzt wird, hat nämlich gegenüber allen von außen an das Kind herangetragenen Anregungen einen entscheidenden Vorteil: Weil das Kind auf der Grundlage seiner bisher erlernten und im Hirn verankerten Fähigkeiten und Fertigkeiten selbst darüber bestimmt, was es interessiert, können die unter diesen Bedingungen gemachten Lernerfahrungen besonders gut an das bereits vorhandene Wissen angeknüpft werden. Die im Gehirn bereits entstandenen Verhaltensmuster werden somit besonders gut erweitert und ergänzt. Das freie Spiel kennzeichnet sich durch die Zweckfreiheit, die Freiwilligkeit und Spontanität und den inneren Anreiz. So lernen Kinder ganz nebenbei und zwar ganzheitlich, mit allen Sinnen. Für die Arbeit in meiner Kindertagespflegestelle und meinen Umgang mit den Kindern bedeutet dies, dass ich den Kindern zu keiner Zeit Vorgaben bezüglich ihres Spiels, der Wahl des Spielmaterials oder der Spielpartner mache. Auch erfahren sie durch mich keinerlei Einschränkungen, während sie einer selbst gewählten Beschäftigung nachgehen. Ich unterstütze die kindliche Neugier und die Interessen der einzelnen Kinder dadurch, dass ich sie beim Spiel beobachte und geeignetes (Spiel-)material zur Verfügung stelle. Wichtig sind mir dabei besonders Erfahrungen in der Natur, da diese einen pädagogisch unvorbereiteten Raum darstellt, in welchem die Kinder eine große Vielzahl an Erfahrungen machen können und die dadurch die entstehenden Lernprozesse ganz besonders unterstützt.